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Interview

Fünf Fragen an Lina Pfeiffer

In dieser Gesprächsreihe spricht das Projektteam des Climate Data Entrepreneurial Club mit jungen Menschen, die sich in verschiedenen Projekten mit Daten für eine nachhaltige Entwicklung beschäftigen, um zu erfahren was sie an Daten begeistert: Lina (21) studiert aktuell in Glasgow “Public Policy” und “Digitale Medien & Informationswissenschaften” im Bachelor. Sie interessiert sich dafür, wie wir digitale Technologien - insbesondere datengestützte Tools wie KI - für das Gemeinwohl einsetzen können. Deshalb arbeitet sie neben ihrem Studium für das Deutsche Rote Kreuz, um KI für die Wohlfahrt nutzbar zu machen. In ihrer Freizeit setzt sie leidenschaftlich gerne eigene Projekte an der Schnittstelle zwischen Nachhaltigkeit und Data Science um. Aktuell arbeitet Lina an der “Climate Stories Map”. Was das ist und wieso Daten wie Puzzleteile sind, erklärt sie in diesem Gespräch.

Lina, du setzt dich in verschiedenen Projekten mit Daten auseinander. Wieso sind dir Daten so wichtig?

Ich finde Daten so interessant, weil sie Geschichten erzählen. Das klingt vielleicht erstmal kontraintuitiv, aber wenn man sich Daten genauer anschaut, verbergen sich dahinter spannende Einblicke über Menschen, Gesellschaften und Trends. Daten helfen mir, die Welt um mich herum besser zu verstehen und die richtige Lösung für ein Problem zu finden.

Welche Rolle haben Daten und Datenkompetenzen während deiner Schulzeit gespielt? 

Leider gar keine! Bis auf ein paar Statistik-Einheiten im Matheunterricht, hatte ich keine Berührungspunkte mit Daten. Bis ich einen Data Science Kurs an der Uni belegt habe, klang das Thema auch eher langweilig. In dem Kurs haben wir gelernt, wie man mit Spotify-Daten vorhersagen kann, welche Songs in die Charts kommen. Das fand ich total interessant und dabei habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass Daten mehr sind als nur endlose Exceltabellen. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, dass wir schon in der Schule lernen, wie vielfältig Daten einsetzbar sind.

Im Rahmen deiner Bachelorarbeit arbeitest du mit Klimadaten, unter anderem aus dem All. Kannst du einmal beschreiben, was genau du tust? 

Für meine angewandte Bachelorarbeit setze ich gemeinsam mit Google Berlin eine Klimakarte für Berlin-Brandenburg um - die Climate Stories Map. Auf dieser Karte könnt ihr sehen, wie sich der Klimawandel auf unser Leben in der Region auswirkt. Die meisten Informationen, die auf der Karte dargestellt werden, wurden per “Crowdsourcing” gesammelt. Bei dieser Methode kann jede/r Wissen zu einem Projekt beisteuern und so zu einem umfassenden Verständnis einer Situation beitragen. Neben Crowdsourcing nutze ich auch den Google Earth Engine. Damit kann ich anhand von Satellitenbildern herausfinden, wie sich die Natur in Berlin-Brandenburg in den letzten Jahren verändert hat. Hier schaue ich z.B. darauf, wie sich die Baumkronen-Dichte entwickelt hat und nehme diese Informationen dann in meine Klimakarte auf.

Wie können Daten dabei helfen, gesellschaftliche Krisen, wie zum Beispiel den Klimawandel besser zu verstehen und für Leute sichtbar zu machen?

Ich stelle mir Daten gerne wie Puzzleteile vor, die uns dabei helfen, ein Bild einer komplexen Situation zusammenzusetzen. Einzeln verraten Daten oft nicht viel, aber wenn man sie verbindet, werden Zusammenhänge sichtbar, die man sich gar nicht hätte vorstellen können. Zum Beispiel haben Forscher ein Programm entwickelt, bei dem sie Google Street View Daten nutzen, um die Energieeffizienz von Häusern anhand von Bildaufnahmen ihrer Fassaden zu bestimmen. Das finde ich wahnsinnig faszinierend.

Wenn Daten richtig aufbereitet werden, können sie uns auch helfen, ein Problem greifbarer zu machen. Zum Beispiel kann man sich schwer vorstellen, wie viel mehr COein Flugzeug als ein Zug ausstößt. Die reinen Zahlen sind so abstrakt, dass erst ein visueller Vergleich das Ausmaß verständlich macht. Somit steckt besonders in der Visualisierung von Daten total viel transformatives Potential - man kann damit richtig kreativ werden!

Was braucht es deiner Meinung nach, damit Daten für Menschen nutzbar(er) werden?

Wenn es um Daten-Nutzbarkeit geht, wird häufig nur darüber gesprochen, dass wir den Zugang zu Daten erleichtern müssen. Das ist natürlich auch total wichtig, aber meiner Meinung nach sollten wir uns viel mehr damit beschäftigen, wie wir Kompetenzen im Umgang mit Daten stärken können. Es gibt schon sehr viele Möglichkeiten an große Datensätze zu gelangen - auch als Einzelperson, z.B. über APIs. Aber was nutzen uns diese Daten, wenn wir nicht die Fähigkeiten und Tools haben, um sie zu verarbeiten und zu verstehen? Wir brauchen auf jeden Fall mehr Upskilling-Initiativen, die Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen dazu befähigen, mit Daten zu arbeiten. Ich würde mir auch wünschen, dass es mehr öffentliche Orte gäbe, an denen die notwendige technische Infrastruktur zur Datenverarbeitung  kostenfrei zur Verfügung steht. Software zur Aufbereitung von Daten kann sehr teuer sein und die Analyse komplexer Datensätze übersteigt oftmals die Rechenleistung herkömmlicher PCs. Hier wäre es cool, wenn Universitäten, Schulen und Bibliotheken mit “Data Labs” Abhilfe schaffen.

 

Lina Pfeiffer im Gespräch mit dem Projektteam des Climate Data Entrepreneurial Club
Lina Pfeiffer im Gespräch mit dem Projektteam des Climate Data Entrepreneurial Club
Ein Screenshot der Climate Stories Map
Ein Screenshot der Climate Stories Map auf https://climatemap.info/index.html